Neue Ergebnisse zum Zusammenhang zwischen Merkel-Zellen und Juckreiz

Die für den Tastsinn wesentlichen Merkel-Zellen wurden schon 1857 von Friedrich Merkel entdeckt und auch nach ihm benannt. Die freien Nervenendungen der Zellen ließen bereits den Göttinger Anatom davon ausgehen, dass diese Zellen das taktile Empfinden ermöglichen. Merkel-Zellen verfügen über Nozizeptoren und kommen beim Menschen besonders vermehrt auf den Lippen, an den Fingern, den Innenflächen der Hand und der Fußsohle vor.

Merkel-Zellen sind aber auch bei Tieren vorhanden, wo sie vor allem an den Pfoten und um die Schnurhaaransätze als Mechanorezeptoren die sensible Wahrnehmung eines Drucks und dessen Veränderungen erlauben. Besonders nachtaktive Tiere orientieren sich mit ihrer Hilfe im Dunkeln.

Fehlt das Atoh1-Gen, konnten Versuchstiere keine Merkel-Zellen bilden, wie Forscher am Baylor College in Houston 2009 herausfinden konnten. Schon damals war vermutet worden, dass Tiere, denen diese Zellen fehlen, wesentlich weniger empfindlich auf leichte Berührungen ihrer Haut reagieren würden.

Rückgang von Merkel-Zellen in alternder Haut Auslöser von Juckreiz?

Nun untersuchte ein Team von Forschern der Washington University Medical School in St. Louis den Zusammenhang zwischen den Merkel-Zellen und den Sinneswahrnehmungen der Haut weiter.

Das Ergebnis der Studie von Jing Feng und Hongzhen Hu, die in Missouri am Center for the Study of Itch forschen, wurde am 4. Mai 2018 in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht.

Die Mediziner hoffen, dass endlich eine Lösung für ältere Menschen in Sicht ist, die unter extremem Juckreiz leiden. Von Alloknesis Betroffene reagieren oft sehr empfindlich auf Textilien oder andere, oft nur leichte, mechanische Reize der Haut. Auch Menschen mit extrem trockener Haut oder an Neurodermitis erkrankte Personen leiden vielmals unter einem chronischen Juckreiz, dem auch bei einer Behandlung mit Cortison oder anderen Salben nicht beizukommen ist.

Die Forscher setzten Mäuse sanften taktilen Reizen aus. Wurden die Tiere mit einem haarfeinen Nylonfaden berührt, reagierten sie unterschiedlich. Einige kratzten sich wesentlich stärker und ausdauernder als andere. Vor allem die älteren Tiere mit trockenerer Epidermis reagierten empfindlich. Auf die Anzahl der Merkel-Zellen in ihrer Epidermis untersucht, zeigte sich: Das Jucken war stärker, desto weniger Merkel-Zellen in der Haut der Mäuse vorhanden waren.

Daraufhin manipulierten die Forscher einige der Mäuse gentechnisch so, dass sie die Anzahl der Merkel-Zellen in deren Epidermis anhoben. Das Ergebnis: Die Mäuse reagierten weniger empfindlich auf den ausgelösten Juckreiz.

Ausschlaggebend – Protein Piezo2

Die Erklärung der Forscher: Auf der Membran der Merkel-Zellen wird das Protein Piezo2 gebildet, das offenbar in der Lage ist, einen Juckreiz zu mindern. Über dieses Protein können die Merkel-Zellen dem Rückenmark Signale senden, die eine zuvor ausgelöste Reizung als “harmlos” einstuft. Funktioniert die Informationsübermittlung korrekt, bleibt die Aufforderung zum Jucken aus.

In einem nächsten Schritt wollen Hu und Feng nun Hautproben von menschlichen Patienten analysieren, die unter starkem Juckreiz leiden. Sollte sich feststellen lassen, dass die empfindlichere Epidermis eine unterdurchschnittliche Zahl von Merkel-Zellen aufweist, wollen die Forscher die Merkel-Zellen in der Haut der Probanden so aktivieren, dass Piezo2 in ausreichender Menge von ihnen gebildet werden kann.

Literatur

Feng, J., Luo, J., Yang, P., Du, J., Kim, B. S., & Hu, H. (2018). Piezo2 channel–Merkel cell signaling modulates the conversion of touch to itch. Science, 360(6388), 530-533.

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