Zukauf von Medizinstudienplätzen anstatt attraktiveren Ausbildungsbedingungen?

Mit Unverständnis reagiert der Präsident der Universitätenkonferenz, Rektor Oliver Vitouch, auf die bekannt gewordenen Pläne des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW), via Ausschreibung Lehrleistungen an einer privaten Medizinuniversität zuzukaufen. „Es handelt sich dabei um einen gefährlichen Präzedenzfall, der zur Nachahmung einlädt und damit zum Sündenfall der für die öffentlichen Universitäten zuständigen Bundespolitik werden könnte“, warnt Vitouch. Wenn sich hinter dieser unerwarteten und klammheimlichen Initiative ein Deal des BMWFW mit der Salzburger Landespolitik – sie ist einer der Financiers der privaten Medizinuniversität Salzburg – verbergen sollte, so wäre dies ein abschreckendes Beispiel für „austriakische Kirchturmpolitik“. 

Der Präsident der uniko macht darauf aufmerksam, dass durch den Einsatz von Bundesmitteln zur Finanzierung von Privatuniversitäten auch die bisherigen Bemühungen um einen österreichischen Hochschulplan ad absurdum geführt werden. Zudem würde damit großteils eine betuchte Klientel gefördert, die bereit ist, für das Studium an einer Privatuniversität hohe Gebühren (rund 15.000 Euro pro Jahr) zu zahlen. „All das steht im Widerspruch zur viel beschworenen sozialen Dimension und zum Prinzip, die Leistung und nicht die Brieftasche über den Studienerfolg entscheiden zu lassen“, betont Vitouch. 

Die uniko sieht daher Handlungsbedarf beim Gesetzgeber: In Privatuniversitäten sollen keine öffentlichen Mittel fließen, auch nicht durch Länder und Gemeinden. Vitouch: „Während wir darüber in großen Stakeholderrunden im BMWFW verhandeln, poppt hinter den Kulissen plötzlich eine Bundesfinanzierung für eine Privatuni auf. Das ist maximal unschön.“ Die Novellierung des Privatuniversitätengesetzes werde damit zur dringlichen Aufgabe für eine kommende Regierung, denn: „Wenn sich dieses föderale ‚Wünsch Dir was‘ strukturell fortsetzt, wird es richtig teuer“, fügt der Präsident hinzu. Die uniko hat zum Thema Privatuniversitäten bereits im Mai dieses Jahres ein Positionspapier erarbeitet. Darin wird eine Regelung empfohlen, die sicherstellt, dass Privatuniversitäten zur Gänze aus privaten Mitteln finanziert werden.

Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer fordert attraktivere Ausbildungsbedingungen

„Österreich gehen die Ärztinnen und Ärzte aus. Es gibt dringenden Handlungsbedarf, Jungärzte im Land zu halten“, sagt Harald Mayer, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) und Obmann der Bundeskurie angestellte Ärzte, zu den Plänen des Wissenschaftsministeriums, Studienplätze an der privaten Paracelsus-Medizin-Uni (PMU) zuzukaufen. Die jüngsten Zahlen der ÖÄK sind alarmierend: Die Gesamt-Dropout-Quote erreicht dramatische 38,8 Prozent.

„Es ist höchst an der Zeit, den Standort Österreich attraktiver zu machen und so die Ärzteflucht einzudämmen“, betont Mayer. Von 1.218 Absolventinnen und Absolventen der drei österreichischen öffentlichen Medizinuniversitäten sowie der Paracelsus Medizinische Privatuniversität im Studienjahr 2015/2016 waren im Oktober 2017 lediglich 745 ärztlich tätig.

Die Politik ist gefordert, Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Fachärzten im Spital mehr Zeit zur Verfügung stellt, um Ärztinnen und Ärzte auszubilden. Zudem müssen Arbeitsplätze im Spital attraktiver werden. „Es braucht eine deutliche Entlastung der Ärzte von Administrations- und Dokumentationsaufgaben. Die Krankenanstaltenträger müssen gute Ausbildung als eigene Verpflichtung wahrnehmen. Der hohe Abgang der Jungärztinnen und Jungärzten ins Ausland hat nicht zuletzt damit zu tun, dass sie dort bessere Ausbildungsbedingungen vorfinden“, mahnt der ÖÄK-Vizepräsident. Es brauche in den Spitälern mehr Ressourcen, mehr Zeit, mehr Personal und familienfreundliche Maßnahmen (Teilzeit, Kinderbetreuung) für Ausbildungsärztinnen und –ärzte.

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