Ataxien: Wenn die Motorik gestört ist

Gestörte Sehkraft, häufige Stürze, unleserliche Schrift, taumelnder Gang, Schluckbeschwerden, eine undeutliche Sprache oder Probleme beim Greifen von Gegenständen – Ataxien sind verschieden ausgeprägte Koordinationsstörungen bestimmter Bewegungsabläufe. Forscher auf der ganzen Welt suchen nach deren Ursachen und nach Therapieformen, denn das Problem ist massiv. Allein unter den Deutschen leiden etwa 15 000 Menschen unter Ataxien. Die Ausprägungen reichen von lediglich leichten Beeinträchtigungen bis zu einem deutlich verkürzten Leben im Rollstuhl.

Dabei ist die Vielfalt von etwa 100 unterschiedlichen Arten der Krankheit das größte Problem. Sie erschwert Problemlösungen erheblich. Forschungen US-amerikanischer Medizinwissenschaftler sind nun einen beachtlichen Schritt weiter gekommen. Ihre wissenschaftliche Auswertung umfangreicher Erbgutdaten zu Ataxien brachten wertvolle Erkenntnisse zu genetisch bedingten Formen der Erkrankung – hilfreich war das 2007er Humangenomprojekt, das zur vollständigen Entschlüsselung des menschlichen Erbguts geführt hatte.

Sind die Ursachen bald geklärt?

Tiefe Einblicke in zelluläre Abläufe helfen bei der Aufklärung der Neurodegenerationen, sodass die Ursachen in nächster Zukunft vollständig erkannt werden können. Weil verschiedene genetisch bedingte Ataxien auf identischen zellulären Abläufen basieren, hoffen die Wissenschaftler, bald Medikamente entwickeln zu können. Sie sollen die Therapie von Ataxien erfolgreich unterstützen, indem sie die auslösenden Mechanismen in positive Richtung beeinflussen.

Denn derzeit bietet einzig und allein Physiotherapie den Erkrankten gewisse Optionen zur Beherrschung ihrer gestörten Motorik. 
Auf der Suche nach wirkungsvollen Medikamenten steht die Friedrich-Ataxie im Fokus, als autosomal-rezessiv vererbte Krankheit eine der häufigsten Arten auf genetischer Grundlage. Dabei kann der Körper aufgrund von Mutationen eines bestimmten Gens den Eiweißstoff Frataxin nicht richtig produzieren. Mangelerscheinungen können dann Schäden am Kleinhirn generieren.

Hilft Vitamin B?

Eine europäische Studie soll jetzt die Wirkungsweise von Nikotinamid untersuchen – Nikotinamid ist ein Teil des Vitamin-B-Komplexes. Nikotinamid unterdrückt das Enzym HDAC (Histon-Deacetylase), das auch für die Blockierung der Frataxin-Bildung verantwortlich ist – allerdings nur in extrem hohen Dosierungen. Deshalb ist diese Art der Anwendung bisher klinischen Studien vorbehalten. 
Sinnvoll ist vielmehr die klassische Gentherapie. Dabei sollen vollkommen intakte Genabschnitte in das fehlerhafte Gen einer Zelle eingebracht werden, um den vorherrschenden Defekt zu reparieren. Erste Tierversuche geben Anlass zu dem Optimismus, dass Gentherapien bald Heilung bringen werden.

Andere Formen des fehlerhaften Erbguts sind von der Herausbildung riesiger Proteine gekennzeichnet. Sie verklumpen allmählich, danach sterben vermehrt Nervenzellen ab. Die Wissenschaftler wollen Substanzen finden, die aus kleinen DNA-Bausteinen zusammengesetzt sind. Diese Substanzen sollen sich an die fehlerhaften Gene anfügen und Markierungen darstellen. Derart gekennzeichnet können die Defekte eliminiert werden und die körpereigene Produktion fehlerhafter Proteine wird beendet.

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