Ein winziges magnetisches Implantat ersetzt Injektionen und Tabletteneinnahme

Forscher der kanadischen Universität British Columbia entwickelten ein magnetisches Implantat, das Arzneiwirkstoffe in der gewünschten Menge auf Anforderung und nahezu ohne zeitliche Verzögerung freisetzt und damit den Alltag von Patienten erleichtern könnte, die viele Medikamente einnehmen oder häufig spritzen müssen.

Gerade einmal sechs Millimeter misst der Durchmesser des Implantats, das die Forscher auf den Namen Microspouter (wörtlich übersetzt Mikro-Springbrunnen) tauften. Damit ist es viermal kleiner als eine 1-Euro-Cent-Münze. Der Microspouter, der vom Aussehen her an einen Eishockey-Puck erinnert, besteht aus drei Komponenten, allesamt aus Silikon: einem Behälter, ähnlich einem Teelichthalter, in den ein magnetischer Schwamm eingelassen ist und einer darüberliegenden abdichtenden Membran. Lediglich eine Öffnung von 90 mal 90 Quadratnanometern verbleibt als Austrittsstelle für den Wirkstoff. Durch seinen netzartigen porösen Aufbau ist der Silikonschwamm verformbar, seine magnetische Eigenschaft erhält er durch eingearbeitete Carbonyleisenpartikel.

Der gewünschte Wirkstoff wird in flüssiger Form in den Microspouter injiziert und das System anschließend unter die Haut implantiert. Hält man über die entsprechende Körperstelle einen Magneten, richten sich die im Silikonschwamm enthaltenen Eisenpartikel nach diesem externen Magnetfeld aus und der Schwamm verformt sich. Der Druck im Inneren des Microspouters steigt und der Wirkstoff wird über die Öffnung in der Membran – wie der Name schon andeutet und in einem von den Forschern bereitgestellten Video erkennbar ist – fontänenartig freigesetzt.

Ein großer Vorteil dieses Systems gegenüber vielen anderen bereits entwickelten Mikroimplantaten ist, dass über die Magnetstärke die Menge des freizusetzenden Wirkstoffes kontrolliert werden kann. Die Dosierung kann also auch nach der Implantation flexibel an die aktuellen Erfordernisse angepasst werden. Solch eine aktive Kontrolle der Wirkstoffabgabe ist besonders wichtig bei Erkrankungen wie Diabetes, bei der die benötigte Insulin-Menge und der Zeitpunkt der Gabe variieren. Aber auch bei anderen Hormonen, Schmerzmitteln, Chemotherapeutika und weiteren Arzneiwirkstoffen ist diese Flexibilität vorteilhaft. Zudem kommt der Microspouter ohne eigene Stromversorgung aus – diese übernimmt der externe Magnet.

Egal, ob frisch zubereitet oder längere Zeit im Microspouter gelagert: Für beide Versionen konnten die Forscher in einem In-vitro-Versuch nachweisen, dass das Zytostatikum Docetaxel die Anzahl neu gebildeter menschlicher Prostatakarzinomzellen (PC-3-Zellen) auf bis zu 40% verringert. In einem Ex-vivo-Versuch implantierten die Forscher den Microspouter in ein Stück Schweineharnblase. Auch nach mehreren Wiederholungen wurde Docetaxel zuverlässig in der gewünschten Menge in das umliegende Gewebe freigesetzt.

Der Leiter der Arbeitsgruppe Mu Chiao schätzt, dass noch mindestens fünf bis zehn Jahre vergehen werden, bis der Prototyp zur Marktreife gelangt. In den nächsten Jahren möchten die Forscher die Langzeitanwendung und die Anwendbarkeit in lebenden Organismen untersuchen.

Publikation

Active regulation of on-demand drug delivery by magnetically triggerable microspouters

http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/adfm.201604558/fullv

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