Bisher ging man davon aus, dass Fette aus dem Blut für Ablagerungen in den Gefäßen und daraus resultierende Plaques, die im späteren Stadium zu Herzinfarkten und Schlaganfällen führen könnten, verantwortlich wären. Professor Axel Haverich von der Medizinischen Hochschule Hannover stellt nun in der Fachzeitschrift “Circulation” eine andere Theorie auf.
Hohe Blutfettwerte nicht Auslöser für Gefäßablagerungen
Bisher wurden hohe Cholesterinwerte im Blut als ursächlich für die Arteriosklerose angesehen. Entsprechend häufig verabreichte man den betroffenen Patienten cholesterinsenkende Medikamente, um die Risiken für Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems zu senken. Haverich ist jedoch davon überzeugt, dass nicht sie die tatsächlichen Auslöser sind, sondern vielmehr Überreste abgestorbener Zellen in den Gefäßwänden.
Entdeckung im Operationssaal gemacht
Haverich arbeitet nicht nur als Direktor der Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie, er ist auch erfahrener Chirurg und gleichzeitig Forscher. Bei mehreren hundert Operationen fiel ihm auf, dass ein enger Zusammenhang zwischen geschädigten äußeren Gefäßwandschichten und hier insbesondere winzig kleinen Versorgungsblutgefäßen der Vasa vasorum und Infektionskrankheiten wie der Grippe, Lungenentzündung oder auch Geschlechtskrankheiten bestehen müsse. Diese Vermutungen gaben den Anlass zu intensiveren Recherchen. Bei seiner Arbeit stieß er auf über 100 Jahre alte Schriften, in denen dieselben Ansätze erwähnt wurden, die er in seinen Untersuchungen gemacht hatte. Nämlich dass überall dort, wo Menschen an Infektionskrankheiten gestorben waren, auch Schädigungen an ihren Arterien zu finden waren. Frühere Tierversuche zeigten weiterhin, dass bei bewussten Manipulationen von Gefäßwänden und damit verbundenen Einschränkungen der Blutzufuhr die entsprechenden Arterien verkalkten. Beseitigte man die Störfelder wieder, bildeten sich die Ablagerungen zurück. Wurde die äußere Gefäßwandschicht von Blutgefäßen ganz entfernt, kam es selbst in Venen zu Verkalkungen. Zudem konnten schon damals in entzündlichen Verschlüssen befindliche Krankheitserreger nachgewiesen werden.
Zusammenhang zwischen Risikofaktoren und Herzinfarkten nicht neu
Die Abhängigkeit vom Auftreten vieler Herzinfarkte als Folgeerscheinung von grippalen Infekten oder Lungenentzündungen, aber auch von Feinstaub, ist nicht neu. Sie konnte in den vergangenen Jahren bereits durch andere Forscher nachgewiesen werden. Auch sie bestärkten Haverichs Zweifel an der bisherigen Lehrmeinung und trieben ihn bei seinen Forschungen voran. Doch was bedeuten seine Entdeckungen für die Zukunft?
Gesunde Lebensweise, Prävention und Behandlung von entzündlichen Erkrankungen als Schutz vor Arteriosklerose wichtig
Da es sich zur Zeit bei der Arteriosklerose noch um eine degenerative Erkrankung handelt, muss das Augenmerk auf die Minimierung der Risiken für ihre Entstehung gerichtet sein. Dazu zählen eine ausgewogene Ernährung, ausreichend Schlaf, die Vermeidung von Stress sowie die regelmäßige körperliche Aktivität und die Vermeidung von Feinstaub. Ebenso wichtig dürften auch die Vorbeugung und Behandlung entzündlicher Erkrankungen sein. Dies gilt vor allem für chronische Krankheiten. Regelmäßige Grippeschutzimpfungen helfen dabei, das Ausbreiten von Grippeerregern zu verhindern.