Kinder-Haut-Tag: voneinander lernen und profitieren

Mitte Oktober trafen sich Kinder- und Hautärzte zum inzwischen neunten Mal, um sich auf dem Gebiet der pädiatrischen Dermatologie auf den neuesten medizinischen Stand zu bringen. Der Kinder-Haut-Tag ist die einzige Veranstaltung im deutschsprachigen Raum, die diese beiden Disziplinen zusammenführt und deren Zusammenarbeit nachhaltig stärkt. Ein Ergebnis dieses Engagements ist die Gründung der „ARGE Pädiatrische Dermatologie“ der Österreichischen Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie, die ab nun sowohl Dermatologen als auch Pädiatern offenstehen soll (Info unter www.agpd.at)

So viele wie noch nie, nämlich knapp 240 Ärzte aus den Fachbereichen Dermatologie und Pädiatrie, folgten heuer der Einladung von Prim. Univ.-Prof. Dr. Beatrix Volc-Platzer und OA Dr. Isidor Huttegger zur interdisziplinären Weiterbildung und zum Austausch mit Kollegen. „Der diesjährige Kinder-Haut-Tag war ein großer Erfolg und spiegelte den hohen Bedarf an kinderdermatologischer Fortbildung wider“, freuten sich die Organisatoren über das stetig wachsende Interesse. 

„Molekulargenetische, immunologische sowie mikrobiologische Entdeckungen bringen laufend neue Erkenntnisse bei altbekannten Krankheitsbildern und liefern die Grundlage für neue Therapien“, so Volc-Platzer. „Im Rahmen des Kinder-Haut-Tages wird ein Überblick über die aktuell wichtigsten Neuerungen gegeben.“ So spannten namhafte Referenten aus Österreich, Deutschland und der Schweiz auch heuer wieder einen gelungenen Bogen zwischen Grundlagenforschung, therapeutischer Entwicklungen und deren praktischer Umsetzung im klinischen Alltag. In diesem Jahr lag der Schwerpunkt zum einen auf Ekzemen und zum anderen auf Autoimmun- sowie autoinflammatorischen Erkrankungen und deren verschwimmende Grenzen.

Ekzeme und die Rolle der Gene

Ekzeme sind täglich Brot sowohl in der pädiatrischen als auch in der dermatologischen Praxis und jedes Jahr fixer Bestandteil des Programms, denn „in diesem Bereich tut sich enorm viel, sodass wir uns gar nicht erlauben könnten, nicht jedes Jahr ein Update zu bringen“, sagt die Dermatologin. Anlässlich des diesjährigen Kongresses wurde unter anderem die Genetik als Ursache behandelt, denn das Spektrum angeborener ekzematöser Hautbarrieredefekte ist breit. So haben allein 30 Prozent aller Patienten mit atopischer Dermatitis Funktionsverlust-Mutationen im Filaggrin-Gen (FLG), die eine defekte Hautbarriere zur Folge haben. Auch die belastende Verhornungsstörung Ichthyose wird durch Gendefekte verursacht. Daher sollte man speziell in ungewöhnlichen und schweren Fällen an Mutationen im Zusammenhangt mit epidermalen Differenzierungsstörungen denken und eine molekulargenetische Abklärung in Betracht ziehen.

In der Behandlung wurde der frühzeitige Einsatz von Hautpflege bzw. Basistherapie klar bestätigt: „Die topische Therapie ist und bleibt die Basis der Behandlung von Ekzemen“, so Kinderfacharzt Huttegger. Sie ist der Schlüssel, um die Barrierefunktion wiederherzustellen und zu erhalten. Mehr und mehr etablieren sich nun aber auch im pädiatrischen Bereich spezialisierte und patienten-zentrierte Therapien, die gezielt an den Mediatoren der Entzündungskaskade ansetzen: mTOR-Antagonisten bei vaskulären Malformationen, monoklonale Antikörper und „small molecules“ bei der Psoriasis, der atopischen Dermatitis aber auch bei Autoimmun- und autoinflammatorischen Erkrankungen. Letztere waren der zweite Schwerpunkt des Kinder-Haut-Tages 2018.

Der Feind im eigenen Organismus

Autoimmunerkrankungen entstehen, wenn das Immunsystem körpereigene Strukturen als fremd ansieht und Abwehrmechanismen in Gang setzt. Besprochen wurden die Weißfleckenkrankheit Vitiligo, bei der körpereigene Antikörper Pigmentzellen zerstören, und die noch relativ wenig erforschte Erkrankung zirkumskripte Sklerodermie (Morphea), die mit erheblicher funtioneller und kosmetischer Beeinträchtigung einhergehen kann. Die chronisch-entzündliche Hauterkrankung Lichen sclerosus et atrophicus, die vorwiegend in der Anogenitalregion auftritt und eine präpubertäre Häufung aufweist, bleibt zu oft unerkannt und damit unterbehandelt, da sich viele Pädiater mit diesem Thema nicht sicher fühlen, wie eine Umfrage unter 139 pädiatrischen Oberärzten in Deutschland ergab. Diese Tatsache ist insofern problematisch, als es bei diesem Krankheitsbild neben der Aufrechterhaltung der Lebensqualität auch um Tumorprävention geht. 

Auch nach allogener Stammzellentransplantation (SZT) kann es zu Autoimmunreaktionen der Haut kommen. Bei dieser Spender-gegen-Empfänger-Reaktion‎ (englisch: “Graft-versus-Host-Disease”, GvHD) ist das am häufigsten befallene Organ die Haut. 

Immer häufiger: autoinflammatorische Erkrankungen

Bei autoinflammatorischen Syndromen handelt es sich um ein breites Spektrum an Krankheitsbildern, die sich überwiegend mit Entzündungssymptomen ohne offensichtlichen Auslöser manifestieren. Meist sind sie durch wiederkehrende Fieberschüben geprägt. Frühkindliche Formen sind fast immer monogenetisch bedingt. In den letzten Jahren verbesserte sich das Verständnis für autoinflammatorische Erkrankungen. Einen wesentlichen Beitrag dazu lieferte das europaweite „Eurofever-Register“ (http://www.printo.it/eurofever), wo Patientendaten gesammelt werden, um das Wissen über das klinische Erscheinungsbild, das Ansprechen auf die Behandlungen und die Komplikationen dieser (noch) seltenen Erkrankungen zu erhöhen.

Morbus Still wird erst seit 2009 zum Formenkreis der autoinflammatorischen Erkrankungen gezählt. Dank monoklonaler Antikörper gegen die Entzündungsmediatoren Interleukin 1 (IL1) und Interleukin 6 (IL6) kann bei 90 Prozent der Patienten eine klinische Remission erzielt werden. Voraussetzung ist die rechtzeitige Diagnose, um das „window of opportunity“ zu nutzen.

Vorträge zu speziellen Themen mit neuen Erkenntnissen bei kapillären Malformationen einerseits und kutanen Histiozytosen andererseits am Beispiel der Langerhanszellhistiozytose sowie ein breites Spektrum klinischer Fallberichte rundeten das vielfältige Programm ab.

Sensible Kinderhaut braucht Spezialwissen

Das Resümee der Kongresspräsidenten Volc-Platzer und Huttegger: „Die Themen des Kinder-Haut-Tages 2018 zeigten einmal mehr, wie facettenreich die Kinderdermatologie ist und welch‘ rasante Entwicklung sie derzeit erlebt.“ Klar ist: Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Die Haut von Säuglingen und Kindern unterscheidet sich wesentlich von der eines Erwachsenen. Viele Erkrankungen der Kinderhaut sind dazu sehr komplex, kommen selten vor und erfordern daher Spezialwissen, die Zusammenarbeit mehrerer Disziplinen – und nicht zuletzt einfühlsame Behandler. 

Save the date: Der 10. Kinder-Haut-Tag findet am 18. Oktober 2019 im Billrothhaus in Wien statt.

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