Defibrillation beim plötzlichen Herztod: Auf die Programmierung kommt es an

Der plötzliche Herztod ist eine häufige Todesursache bei PatientInnen mit angeborenen oder erworbenen Herzerkrankungen. Der implantierbare Defibrillator (ICD) kann die zugrundeliegenden Herzrhythmusstörungen wirkungsvoll beenden. Nun konnten ForscherInnen der Universitätsklinik für Innere Medizin II der MedUni Wien (Klinische Abteilung für Kardiologie) im Rahmen einer Langzeit-Beobachtung bei rund 1.500 PatientInnen aufzeigen, dass die gewählte Programmierung der implantierten Defibrillatoren (ICDs) eine wichtige Rolle spielt. Dabei zeigte sich, dass ein möglichst „defensives Vorgehen“ sicher ist und gleichzeitig unnötige Therapien deutlich reduziert.  

Menschen mit implantierten Defibrillatoren (ICDs) tragen eine Art Lebensversicherung in ihrer Brust. Diese sollte nur dann aktiv werden, wenn das Herz dermaßen aus dem Takt gerät, dass akute Lebensgefahr besteht: Damit sind insbesondere Herz-Kammer-Tachykardien bzw. Kammerflimmern gemeint. Der ICD gibt dann je nach Situation erst schmerzlose Impulse oder sofort einen (schmerzhaften) Elektro-Schock ab, bis wieder ein normaler Herzrhythmus vorliegt. „Leider schießt diese Therapie bei einigen PatientInnen über das Ziel hinaus. Die Folge sind vorzeitige oder unnötige Schockabgaben mit entsprechend schlechter Lebensqualität“, sagt Studienautor Achim L. Burger von der Abteilung für Klinische Kardiologie an der MedUni Wien.  

„Wir haben in dieser Studie eine individuelle, eine standardisierte und eine ICD- Programmierung mit verlängerten Detektionszeiten miteinander verglichen“, sagt Burger. „Die verlängerte Detektionszeit, also jene Zeit, wie schnell der ICD anschlägt, wird seit 2010 an unserer Klinik eingesetzt und gibt dem Herz die Möglichkeit, spontan wieder in den Takt zu kommen“, ergänzt Studienleiter Thomas Pezawas von der Abteilung für Klinische Kardiologie der Medizinischen Universität Wien. 

Die Programmierung mit verlängerten Detektionszeiten konnte im Vergleich zur standardisierten Programmierung unnötige ICD-Schock-Abgaben um 29% reduzieren. Die aktuelle Studie konnte weiter zeigen, dass dieses Vorgehen für alle PatientInnen unabhängig vom Geschlecht, der Grunderkrankung und dem Gerätetyp gleichermaßen sinnvoll ist. 

„Wir können hier auf ausgezeichnete Ergebnisse bei gleichzeitig sehr hoher Patienten-Sicherheit verweisen. Die bisher publizierte Rate an jährlich abgegebenen, unnötigen ICD Schocks lag zwischen 5.1 und 7.9%. Wir erzielen nun mit 3.7% einen internationalen Spitzenwert.“, fasst Studienleiter Thomas Pezawas die Ergebnisse zusammen, die nun in „Circulation J“ veröffentlicht wurden. 

Langjähriges Kompetenzzentrum für Defibrillatoren

Ergebnisse, die auch für andere Defibrillations-Zentren wichtig sein werden – denn die Datenlage auf diesem Gebiet war bisher sehr dünn. Diese neuen Erkenntnisse sollen auch andere Zentren anregen, die Programmierstrategie weniger aggressiv zu gestalten, so die MedUni Wien-ExpertInnen: Mit dem Ziel, einen ausgezeichneten Schutz vor dem plötzlichen Herztod zu erreichen und nicht notwendige Therapieabgaben zu reduzieren. Die Empfehlung der StudienautorInnen, den ICD etwas länger (im Sekundenbereich) „zusehen“ zu lassen, bis er reagiert, könnte einen Paradigmenwechsel in der Behandlung fortsetzen.  

Die vorliegende Publikation ist an der MedUni Wien (Abteilung für Kardiologie, Studienleiter Thomas Pezawas) entstanden. Die Universitätsklinik ist ein Kompetenzzentrum für implantierbare Devices mit einer über 25-jährigen Erfahrung im Umgang mit ICDs. 

Literatur

Defensive Implantable Cardioverter-Defibrillator Programming Is Safe and Reduces Inappropriate Therapy – Comparison of 3 Programming Strategies in 1,471 Patients. Burger AL, Stojkovic S, Schmidinger H, Ristl R, Pezawas T. Circulation J. 2018 Sep 29. 
doi: 10.1253/circj.CJ-18-0611.

Einen Kommentar posten